
Da das Mosaik dringend konservierungs- und restaurierungsbedürftig ist, stehen Entscheidungen über den Umgang mit diesem Denkmal an. Dazu gibt es kontroverse Positionen: Einerseits wird die Entfernung der Mosaike aus
dem architektonischen Kontext und ihre Versetzung in das neu zu entwickelnde Kreativquartier bzw. an eine andere Stelle geplant. Auf der anderen Seite wird die zeithistorische Bedeutung des Werkes im Gebäudezusammenhang und als erzählerisch verbundene Bildstationen hervorgehoben. Die daraus resultierende Frage nach dem Umgang mit dem denkmalgeschützten Mosaik erhält so eine kulturpolitische Bedeutung, dem sich das Symposium in einem breiten thematischen Spektrum widmen wird.
Mit der zweitägigen Veranstaltung wollen der FÜR e.V. den bisher unterbelichteten Diskursraum rund um das Mosaik öffnen und die verschiedensten Aspekte des in seiner Existenz und seinem Sinnzusammenhang bedrohten Kunstwerkes beleuchten. Das Symposium spannt einen weiten thematischen Bogen über die kritische Interpretation des Mosaiks und seines Sujets, seine Einordnung in die DDR-(Stadtbau)- Geschichte bis hin zur Baugebundenheit öffentlicher Kunst. Zudem sollen Fragen des angemessenen Denkmalschutzes und der kulturhistorischen Bedeutung des Ensembles diskutiert werden, die gerade in Hinblick auf die Komplexität des Ortes um die ehemalige Garnisonkirche besteht.
Rechenzentrum und Mosaik sind in Inhalt, Funktion und Ästhetik miteinander verschränkt und auch nur in diesem bildarchitektonischen Zusammenhang zu verstehen. Das Mosaik beschreibt den Bestimmungszweck des äußerlich unscheinbaren Gebäudes und weist der Nutzung des Baus eine gesellschaftspolitisch bedeutsame Funktion zu. In seiner Auseinandersetzung „mit der elektronischen Datenverarbeitung zwischen der Einsteinschen Relativitätsformel E=mc² und dem Marxschen Gesetz von der Ökonomie der Zeit“ entwirft Fritz Eisel auf den 18 geschosshohen Einzelbildern des Glasmosaiks eine Darstellung des sozialistischen Neuen Menschen in der Aneignung und Beherrschung von Wissenschaft und Technik, die der Künstler bis in den kosmischen Raum als Zielgebiet neuer menschlicher Aktivität ausweitet. Der Bau des Rechenzentrums und die Installation des Mosaiks am prominenten Standort der im Krieg zerstörten Garnisonkirche lassen sich so auch als ein politisches Gegenprogramm lesen: Die Überwindung der Religion als eine Art Befreiung und Aneignung des über Jahrhunderte besetzten Himmels. Der Bau des Rechenzentrums mit seinem Mosaik steht zudem auch für den Beginn des Informationszeitalters: Für den Glauben an Wissenschaft und Fortschritt, an Technologie und Kybernetik als Gestaltungsmittel einer besseren, sozialistischen Zukunft. Diese Zukunft ist heute eine Historische. 1991 wurde der Mosaikfries „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ unter Denkmalschutz gestellt. Eine Begründung für den Denkmalstatus des Mosaiks wurde seinerzeit aber nicht schriftlich festgehalten. Das soll mit dem Symposium nachgeholt werden, verbunden mit der Ausweitung der Perspektive auf das Ensemble. Denn dem Rechenzentrum blieb der Denkmalstatus verwehrt. Dabei heißt es in der weltweit und auch in Deutschland anerkannten Charta von Venedig: „Werke der Bildhauerei, der Malerei oder der dekorativen Ausstattung, die integraler Bestandteil eines Denkmals sind, dürfen von ihm nicht getrennt werden; es sei denn, diese Maßnahme ist die einzige Möglichkeit, deren Erhaltung zu sichern.“
Der zum Teil politisch motivierte Umgang mit dem Kulturerbe der DDR hat über Jahre hinweg den ästhetischen Blick auf diese Kunst im öffentlichen Raum verstellt und deren künstlerische Werte negiert. Viele der zeithistorischen Werke in Ostdeutschland sind bereits durch Abriss, Umbau und Achtlosigkeit zerstört worden oder weiterhin davon bedroht. Das Symposium soll einen Beitrag leisten, das Bewusstsein für die noch vorhandene Kunst zu kultivieren und die Diskussion über den Umgang mit ihr zu bereichern. Ein weiterer Aspekt des Symposiums ist eine Begleitausstellung u.a. mit Fotografien von Martin Maleschka zur Kunst am Bau in der DDR und der Plakatserie Die kosmischen Könige von Gregor Bartsch.
Ein Ziel des Symposiums ist es, eine Begründung für den Denkmalstatus des Mosaiks Der Mensch bezwingt den Kosmos zu diskutieren und nachzuliefern. Die Ergebnisse des Symposiums werden in Form einer Dokumentation gesichert und der Stadtgesellschaft zur Verfügung gestellt.
VERANSTALTER
Das Symposium ÜBER-ECK ist eine Veranstaltung des Freundliche Übernahme Rechenzentrum e.V. (FÜR e.V.) in Kooperation mit dem Potsdam Museum - Form für Kunst und Geschichte