Gertrude Sandmann hat ausschließlich grafisch gearbeitet. Der sichere Umgang mit der Farbe und der sinnliche Glanz ihrer Arbeiten sowie die technische Sorgfalt und handwerkliche Präzision geben den Grafiken ihren kunsthistorischen Wert. Durch Verzicht auf Details und laute Töne gelingt es ihr, die Tiefe menschlicher Empfindungen darzustellen. Ihre Zeichnungen, Pastelle und Aquarelle zeichnen sie als wichtige Vertreterin der Moderne aus. Die Aufnahme dieser Werkgruppe in die Sammlung des Potsdam Museums ergänzt den Bestand nun um wichtige künstlerische Positionen.
Gertrude Sandmanns Biographie vereint gleich mehrere Geschichten – das Schicksal einer couragierten Berlinerin, einer verfolgten Jüdin, einer berufstätigen Künstlerin und einer beeindruckenden Frau. Als gebürtige Berliner Jüdin erlebte sie nicht nur den 1. Weltkrieg sondern auch die Qualen des 2. Weltkrieges und des Holocausts. Durch die couragierte Hilfe einiger weniger Freunde gelang es ihr, nach vorgetäuschtem Selbstmord, die schrecklichsten Kriegsjahre im Untergrund in Berlin zu überleben. Es ist zutiefst beeindruckend, dass ihr künstlerischer Wille trotz Berufsverbot, jahrelangem Verstecktsein und der nackten Angst ums Überleben, nicht gebrochen wurde. Sie hat ihre Erfahrungen und Ängste in vielen bewegenden, fast schwarzen Bildern in den 1950er und 1960er Jahren verarbeitet.
Gertrude Sandmann war eine intelligente und scharfzüngige Künstlerin, die einen außergewöhnlichen und bemerkenswerten Lebensweg gegangen ist. Sie hat Zeit ihres Lebens um ihr Recht auf Selbstbestimmung gekämpft, ob auf beruflicher oder privater Ebene. Sie hat sich öffentlich zu ihrem Lesbischsein bekannt und viel für die Anerkennung von Homosexualität in der BRD getan.